Taliban-Machtübernahme in Afghanistan

Die Schweiz muss Flüchtlingen unbürokratisch Schutz gewähren

Am Montag ist die afghanische Hauptstadt Kabul von den Taliban erobert worden. Die Geschehnisse der letzten Tage verschlimmern die Lage von Millionen von Menschen in Afghanistan – insbesondere von Frauen und Mädchen. Anders als der Bundesrat, der gemäss den gestrigen Aussagen von Bundesrätin Karin Keller-Sutter vorerst die weitere Entwicklung abwarten will, ist HEKS der Überzeugung, dass die Schweiz jetzt rasch und unbürokratisch Hand bieten muss für die Aufnahme von mindestens 5000 besonders gefährdeten Flüchtlingen. HEKS setzt sich für geflüchtete Menschen aus Afghanistan in der Schweiz ein und fordert sichere Fluchtwege und einen erleichterten Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene.

Afghanistan ist wegen des seit 20 Jahren anhaltenden Krieges eines der häufigsten Herkunftsländern von Asylsuchenden in der Schweiz. Da in der Schweiz ein Bürgerkrieg nicht als Asylgrund gilt, wird den meisten afghanischen Staatsangehörigen lediglich eine vorläufige Aufnahme (F-Ausweis) gewährt. Damit sind diese Menschen mit einschneidenden Einschränkungen ihrer Rechte konfrontiert, was ihre Integration in die Schweizer Gesellschaft massgeblich erschwert. Sie müssen mit hohen Hürden beim Familiennachzug rechnen, können aber wegen eines Reiseverbots ihre Familienmitglieder im Ausland nicht sehen. HEKS setzt sich seit Jahren für die Rechte der Menschen mit dem Status einer vorläufigen Aufnahme ein.
Die Schweiz muss Flüchtlingen unbürokratisch Schutz gewähren
HEKS/Miodrag Bogdanovic

Die Machtübernahme durch die Taliban stellt eine Gefahr für die Grund- und Menschenrechte dar. Die Schweiz muss sich international nachdrücklich für deren Einhaltung und den Schutz von besonders verletzlichen Personen einsetzen. Hierzu gehören insbesondere Frauen und Mädchen.

Aufnahme von mindestens 5000 afghanischen Flüchtlingen: Angesichts der dramatischen Lage in Afghanistan muss die Schweiz dringend legale und sichere Fluchtwege für mindestens 5000 besonders verletzliche Personen schaffen. Dazu müssen rasch und unbürokratisch humanitäre Visa erteilt und Resettlement-Kontingente erhöht werden.

Aufhebung der Einschränkungen beim Familiennachzug: Zudem soll den in der Schweiz lebenden AfghanInnen durch die erleichterte Erteilung von humanitären Visa ermöglicht werden, ihre Familienangehörigen aus der lebensbedrohenden Situation in Sicherheit zu holen. Dies muss zwingend auch für vorläufig aufgenommene Personen möglich sein.

Überprüfung von abgelehnten Asylgesuchen und Aufrechterhaltung des Rückführungsstopps: Aufgrund der geänderten Sicherheitslage in Afghanistan ist die Situation der afghanischen Staatsangehörigen mit abgelehnten Asylgesuchen, die sich in der Schweiz aufhalten, erneut zu prüfen. Weiter ist der Rückführungsstopp, den das Staatssekretariat für Migration Mitte August verfügt hat, aufrecht zu erhalten.

Bekenntnis zum UNO-Migrationspakt: Um verletzliche MigrantInnen besser zu schützen und Migration menschenrechtskonform und positiv zu gestalten, braucht es eine koordinierte internationale Zusammenarbeit. Die Situation in Afghanistan zeigt dies einmal mehr deutlich. Der UNO-Migrationspakt bildet das Fundament für diese Zusammenarbeit. Deshalb fordert HEKS Bundesrat, Bundesversammlung und Bevölkerung auf, den Migrationspakt zu unterstützen.

www.heks.ch/migrationspakt

HEKS unterstützt mit Erfahrung

Seit über 40 Jahren leistet HEKS Hilfe für Flüchtlinge in der Schweiz. HEKS begleitet sie im Asylverfahren und berät sie mit seinen Rechtsberatungsstellen in asyl- und ausländerrechtlichen Fragen. Dadurch stellt HEKS sicher, dass Asylsuchende ihre Rechte geltend machen und gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Zudem setzt sich HEKS in der Schweiz mit über 50 Programmen und Projekten für die soziale und berufliche Integration von geflüchteten und anderen sozial benachteiligten Menschen ein

Dieter Wüthrich
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