Unterstützung von Entwicklungsländern in der Klimakrise

Schweiz schneidet im europäischen Vergleich schlecht ab

Gemessen an ihrer Wirtschaftsleistung müssen die europäischen Staaten deutlich mehr an die internationale Klimafinanzierung in Entwicklungsländern beitragen. Das fordert ein neuer Bericht von Act Alliance EU. Besonders gefordert ist die Schweiz: Kaum ein anderes Land interpretiert die UNO-Vorgabe, Klimafinanzierung aus «neuen und zusätzlichen» Finanzmitteln bereitzustellen, so lasch.

Der von Act Alliance EU publizierte «Bericht über den Stand der internationalen Klimafinanzierung in Europa» kommt zum Schluss, dass die Länder Europas zwar mehr als andere wohlhabende Nationen zur Unterstützung von Entwicklungsländern bei der Bekämpfung der Klimakrise beigetragen haben. Dennoch blieben die Bemühungen der meisten europäischen Staaten immer noch hinter dem zurück, «was nötig wäre, um die 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr zu erreichen, die im Pariser Klimaabkommen von 2015 verankert sind».
HEKS Schwerpunkt Katastrophen, Klima, Umwelt
Corina Flühmann
Der Bericht stellt ähnliche Resultate einer kürzlich erschienenen Studie von Alliance Sud in den europäischen Kontext. «Der Bericht bestätigt, dass die Schweiz, gemessen an ihrer Wirtschaftskraft, gegenüber vergleichbaren europäischen Staaten viel zu wenig an die internationale Klimafinanzierung beiträgt», sagt Yvan Maillard Ardenti, Verantwortlicher Klimagerechtigkeit bei Brot für alle, einem der Mitglieder von ACT Alliance EU. Die Schweiz liegt aufgrund ihrer Beiträge gemessen am Brutto-Nationaleinkommen (BNE) lediglich auf dem neunten Rang.
 

Zu wenig zusätzliches Geld für Anpassung

Die Schweiz rühmt sich oft, in Entwicklungsländern ausgewogen sowohl Vorhaben zur Emissionsminderung wie zur Anpassung an die Klimaveränderungen zu finanzieren. «Anpassungsmassnahmen sind deshalb zentral, weil die Klimaerhitzung die ärmsten Bevölkerungsschichten im globalen Süden sehr viel stärker trifft als uns», sagt Judith Macchi, Klimaverantwortliche bei HEKS. Der neue Bericht zeigt jedoch, dass der Anpassungsanteil der Schweizer Klimafinanzierung 2018 mit 46 Prozent von der Hälfte aller europäischen Staaten übertroffen wurde. Die meisten Länder wenden 50 bis 70 Prozent ihrer Klimafinanzierung für Anpassungsmassnahmen auf. Belgien (84%), Ungarn (93%) und Polen (96%) sogar deutlich mehr.

«Besonders stossend ist, dass die Schweiz den Appell der UNO missachtet, zur Unterstützung der Ärmsten des Südens im Kampf gegen die fortschreitende Klimakrise neue und zusätzliche Gelder bereitzustellen», kritisiert Jürg Staudenmann, Klimapolitik-Verantwortlicher bei Alliance Sud. Es sei zynisch, Gelder als «zusätzlich» zu interpretieren, nur weil sie für «zusätzliche Klimaprojekte» aus nicht aufgestockten Krediten der Entwicklungszusammenarbeit abgezweigt würden, also oftmals auf Kosten konventioneller Entwicklungsaufgaben. «Auch entspricht das Argument, das Parlament bewillige ja jedes Jahr das bestehende Entwicklungsbudget aufs Neue, sicher nicht der Forderung der UNO nach «neuen» Mitteln für die Klimafinanzierung.»

Zur Studie auf Englisch

Zusammenfassung der Empfehlungen

 

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