Bauernfamilien testen Saatgut in Honduras
Sabine Buri
Fokus Saatgut

Vielfalt statt Einfalt

Saatgut

In den meisten Entwicklungsländern wird Saatgut traditionellerweise von den Bauernfamilien selbst hergestellt. Neue Saatgutgesetze wollen dies stark einschränken und treiben die Bauernfamilien in die Abhängigkeit der globalen Agrarkonzerne.

Weltweit produzieren Kleinbäuerinnen und -bauern weit über die Hälftet der Lebensmittel. In vielen Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas nutzen sie dafür eigenes Saatgut, das sie aus ihrer Ernte gewonnen, mit den Nachbarn getauscht oder auf dem lokalen Markt erworben haben.

Diese bäuerlichen Saatgutsysteme sind Garant für den Zugang zu Saatgut und Ernährungssicherheit. Über Jahrtausende haben Bäuerinnen und Bauern so eine grosse Vielfalt an Kulturpflanzen und Sorten entwickelt, Grundlage für die Züchtung neuer Sorten, die aktuellen Herausforderungen genügen. Gerade angesichts des Klimawandels ist das von grosser Bedeutung.

Doch diese Saatgutsysteme kommen stark unter Druck. Unter dem Vorwand «das geistige Eigentum zu schützen» und «die Landwirtschaft zu modernisieren», werden verschiedene Saatgutgesetze erlassen, die den Bauernfamilien die Wiederverwendung, den Tausch und Verkauf ihres Saatgutes erschweren oder gar verbieten wollen. Hinter den Entwicklungen stehen vor allem die grossen Agrarkonzerne wie Syngenta, Bayer/Monsanto, die sich damit einen Zugang zu den Märkten des Südens schaffen wollen. Denn mit dem Verkauf von Saatgut haben sie sich auch gleich einen Absatzmarkt für ihre Pestizide geschaffen, ohne die Hybrid- und Hightechsorten gar nicht rentieren.

Damit bahnt sich in den Entwicklungsländern an, was in weiten Teilen Europas und in den Ländern, in denen die industrielle Landwirtschaft weit verbreitet ist, bereits traurige Realität ist: Die Dominanz von ein paar wenigen Saatgutherstellern und damit auch ein enormer Rückgang der Kulturpflanzenvielfalt.
Für die Bäuerinnen im Süden ist diese Entwicklung fatal: Anstatt weiterhin eigenständig Pflanzenzucht, Saatguttausch und Kleinhandel betreiben zu können, sind sie gezwungen, für viel Geld Saatgut, Pestizide und Düngemittel zu kaufen, und geraten damit in eine Spirale von Abhängigkeit und Verschuldung.

Tina Goethe

«Wenn wir über Saatgut sprechen, sprechen wir über Lebewesen. Damit meine ich nicht nur das Leben des Saatguts, sondern das Leben unserer indigenen Völker und der Tiere. Alles ist miteinander verbunden. Saatgut zu patentieren, bedeutet Diebstahl. Diebstahl am Wissen unserer Vorfahren, die dieses Saatgut entwickelt haben. Eine Firma oder eine Person kann niemals Eigentum an einer Pflanze beanspruchen. Dagegen wehren wir uns mit aller Kraft.»

Saatgut-Aktivistin Carmen Lozano, Ecuador

Zahlen und Fakten

Das tut HEKS

Im Süden:

  • Vernetzung fördern: HEKS ermöglicht den Partnerorganisationen die Teilnahme an in Workshops und internationalen Treffen und fördert ihre Vernetzung, damit sie ihre Erfahrungen und Strategien im Kampf gegen die neuen Saatgutgesetze austauschen können. So profitieren beispielsweise verschiedene südamerikanische Partner von den Erfahrungen in Guatemala oder Kolumbien, wo ein entsprechendes Gesetz durch den Kampf von Bauern- und Indigenen-Organisationen erfolgreich verhindert werden konnte.
  • Anwaltschaftliche Arbeit der Südpartner unterstützen: HEKS unterstützt ihre Südpartner mit Wissen und Geld im Kampf gegen neue Saatgutgesetze, welche die Rechte der Bauern und Bäuerinnen einschränken und die Agrarkonzerne bevorteilen. Dies zum Beispiel über Inputs zu Gesetzesrevisionen, die Durchführung öffentlicher Veranstaltungen, Wissensvermittlung über Praktiken in anderen Ländern, juristischen Analysen etc.
  • Informationsarbeit fördern: Viele Bauern und Bäuerinnen kennen die möglichen Auswirkungen von Saatgut- und Sortenschutzgesetzen nicht. HEKS unterstützt die Partnerorganisationen darin, Informations- und Bildungsarbeit vor Ort zu machen und Alternativen zu fördern (Saatgutmessen, alternative Gesetzesvorschläge etc.)
  • Bäuerliche Saatgutsysteme stärken: HEKS unterstützt Bauern- und speziell auch Frauenorganisationen darin, ihre lokale Saatgutvielfalt zu nutzen, das Wissen darüber zu verbreiten und fördert den Aufbau von Gemeinde-Saatgutbanken, in denen das Saatgut von traditionellen Sorten aufbewahrt und verteilt wird.

Im Norden:

  • Vernetzung im Norden: HEKS engagiert sich aktiv in der Schweizer Koalition Recht auf Saatgut und vernetzt sich auch auf europäischer Ebene, , um das Wissen und den Austausch zu vertiefen, gemeinsam Lobbyarbeit zu betreiben und Stellungnahmen zu veröffentlichen.
  • Sensibilisierung: Vielen Konsumentinnen und Konsumenten ist nicht bewusst, dass unsere Ernährung in den Händen einiger weniger Konzerne liegt. HEKS informiert die Bevölkerung mit Zeitungsartikeln, Newsletter und in eigenen Publikationen über die Problematik und zeigt Handlungsoptionen auf.
  • Politik beeinflussen: In ihren Handelsabkommen drängt die Schweiz Länder des Globalen Südens dazu, Gesetze für patentähnliche geistige Eigentumsrecht auf Saatgut (UPOV Standards) zu erlassen. HEKS fordert die Schweiz auf, diese Forderung fallen zu lassen. HEKS steht dazu im Dialog mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft und informiert die Öffentlichkeit über die negativen Auswirkungen dieser Politik auf die agrarbiologische Vielfalt und das Recht auf Nahrung.
  • Die Gesetzgebungen in der EU im Auge behalten: Auch in der EU findet derzeit eine Reform der Saatgutgesetzbegung statt, die Einfluss auf die Ernährung und Landwirtschaft in Afrika, Asien und Lateinamerika hat. HEKS unterstützt Initiativen und Petitionen, damit die Rechte der Bäuer;innen auf Saatgut respektiert werden.
Tina Goethe
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Tina Goethe
Tel.: +41 31 380 65 93
E-Mail: tina.goethe@heks.ch

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